Hotzenplotz im Isergebirgsmuseum

Otfried Preußler: Immer ein bisschen Magier

Eine liebevoll arrangierte Sonderausstellung über den bekannten Autor Otfried Preußler (1923 bis 2013) ist derzeit im Isergebirgsmuseum in Kaufbeuren-Neugablonz zu sehen. Konzipiert wurde die Schau in Zusammenarbeit mit dem Sudetendeutschen Museum München und dem Adalbert-Stifter-Verein. Sie entführt anlässlich Preußlers 100. Geburtstags, den er am 20. Oktober 2023 gefeiert hätte, in seine Erzählwelten.

Der „Magier der Worte“ verzaubert Kinder und Erwachsene bis heute. Sein Werk umfasst 38 Kinder-, Jugend- und Bilderbücher, von denen die bekanntesten „Der kleine Wassermann“, „Die kleine Hexe“, „Der Räuber Hotzenplotz“, „Das kleine Gespenst“ und der Jugendroman „Krabat“ sind. Dazu kommen Übersetzungen von tschechischen Geschichten, Theaterstücke und ein Roman für Erwachsene. Preußlers Erzählstoffe stammen aus seiner nordböhmischen Heimat, dem Isergebirge. 

Preußlers Bücher wurden in 55 Sprachen übersetzt und haben eine Gesamtauflage von 50 Millionen Exemplaren erreicht. Für seine Verdienste erhielt er zahlreiche nationale und internatio­nale Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz erster Klasse, den Bayerischen Maximiliansorden und eine Titularprofessur der Republik Österreich. Er gehörte zu den Gründern der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur. Für „Krabat“ wurde Preußler mehrfach ausgezeichnet. So erhielt er 1972, bereits ein Jahr nach Erscheinen des Buchs, den „Deutschen Jugendbuchpreis“ sowie im Jahr darauf den „Europäischen Jugendbuchpreis“ und den „American Library Association Award“. Sein Gesamtwerk wurde 1988 mit dem Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur ausgezeichnet. 

Das beste Publikum

„Ich habe die Überzeugung gewonnen, dass Kinder das beste und klügste Publikum sind, das man sich als Geschichtenerzähler nur wünschen kann. Kinder sind strenge, unbestechliche Kritiker“, sagte Preußler – und fügt hinzu: „Und weshalb erzähle ich ihnen meine Geschichten so, wie ich sie ihnen erzähle? Weil es mir Freude macht, nicht nur meine eigene Phantasie dabei mit ins Spiel zu bringen; sondern weil es mir darauf ankommt, mit Hilfe solcher Geschichten auch die Phantasie meiner Leser und Zuhörer zu aktivieren, sie zum Gebrauch ihrer Phantasie zu ermuntern, sie darin einzuüben.“ 

Diesen Worten entsprechend wurde die Sonderausstellung „Ein bisschen Magier bin ich schon ... Otfried Preußlers Erzählwelten“ konzipiert: mit großflächigen Schautafeln, bunten Illustratio­nen, knappen, prägnanten Texten auf Deutsch, Englisch und Tschechisch und mit Ausstellungsstücken zu den Geschichten, wie etwa Omas Kaffee-mühle aus dem „Hotzenplotz“. 

Ferner gibt es eine Ecke, die Kinder anregt, sich als eine Figur aus Preußlers Geschichten zu verkleiden und sich dabei fotografieren zu lassen, sowie einen Tisch mit Mal- und Schreibstiften, um einen Brief an die kleine Hexe im Hexenhaus im tiefen Wald schreiben zu können. Dazu warten weitere museumspädagogische Aufgaben.  

Interessant sind auch die Begleitprogramme für Jung und Alt. Bereits stattgefunden hat – passend zur Weihnachtszeit  – ein Termin zum weniger bekannten Buch für erwachsene Leser: „Ein böhmisches Weihnachtsmärchen – Die Flucht nach Ägypten“, ein literarisches Meisterwerk, das den Weg der Heiligen Familie nach Ägypten durch das Königreich Böhmen führen lässt. Es erlaubt eine gleicher­maßen heitere und ernsthafte Lesart.

Preußlers Bücher sind immer in eine magische Welt eingebettet, in der das Übernatürliche und das Alltägliche verwoben sind. Seine Erzählstoffe stammen aus der Sagenwelt Böhmens und wurden ihm durch seine Oma Dora und seinen Vater schon als Kind vermittelt. Immer geht es Preußler um Wissensvermittlung, um moralische, ethische Werte. 

In allen seinen Büchern sind die Hauptfiguren Außenseiter in ihrer eigenen Welt – der kleine Wassermann, der seine Umgebung erkunden möchte, die kleine Hexe, die gegen die etablierten Normen der Hexenwelt rebelliert, das kleine Gespenst, das die bürgerliche Gesellschaft des kleinen Städtchens durcheinanderwirbelt, oder Kasperl und der Seppel, die sich dem Räuber Hotzenplotz entgegenstellen. 

Jede dieser Figuren hat einen tierischen Begleiter – sei es ein Karpfen, ein Rabe oder eine Eule, der hilft, sich in der Welt der Erwachsenen zurechtzufinden. Alle seine Geschichten werden mit Humor und in spielerischem Ton erzählt, was Kinder zum Lachen bringt und zugleich fesselt. Dabei ist seine Sprache einfach, klar und bildhaft. 

Häufig enthalten Preußlers Bücher auch Anspielungen und Persiflagen, die jungen Lesern kaum auffallen dürften: so der Name Hotzenplotz (heute der Ort Osoplaha in Böhmen), die Wetterhexe Muhme Rumpumpel (Liselotte von der Pfalz nannte die Marquise de Maintenon eine „Rumpumpel“). Sie belegen die umfassende Bildung des Autors. 

Nazi-Vergangenheit

Der Roman „Krabat“ basiert auf einer sorbischen Sage und erzählt eine düstere Geschichte eines Waisenkinds in einer Mühle in der Oberlausitz. Von diesem Roman sagt Preußler in Anspielung auf seine Vergangenheit im Nationalsozialismus: „Es ist … meine Geschichte, die Geschichte meiner Genera­tion, und es ist die Geschichte aller jungen Leute, die mit der Macht und ihren Verlockungen in Berührung kommen und sich darin verstricken.“

Einen Beitrag zu Preußlers enormem Erfolg als Autor lieferten auch die Illustrationen von Winnie Gebhardt-Gayler, die unter anderem den „Kleinen Wassermann“ und die „Kleine Hexe“ bebildert hat, und Franz Josef Tripp, der für die Räuber-Hotzenplotz-Trilogie sowie „Das kleine Gespenst“ verantwortlich zeichnet.

Reiner Pfaffendorf

02.02.2024 - Ausstellung , Kinder , Literatur