Neue Statistik

Austrittsrekord in der Kirche - Hoffnung auf Reformen

Das zweite Jahr in Folge verzeichnet die katholische Kirche in Deutschland einen Rekord an Austritten. Über eine halbe Million Menschen kehrten der Kirche im vergangenen Jahr den Rücken, wie aus der am Mittwoch von der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn veröffentlichten allgemeinen Kirchenstatistik hervorgeht. Die Bischöfe sprechen von Vertrauensverlust, Laienvertreter fordern eine zügige Umsetzung von Reformen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, bezeichnete die Zahlen als alarmierend. "Wir müssen weiter konsequent handeln und die Menschen müssen erfahren, dass wir an ihrer Seite stehen und für sie da sind", sagte der Limburger Bischof. Zugleich warnte Bätzing vor Resignation. "Ja, die hohen Austrittszahlen schmerzen und ich weiß, wie sehr sich Ehren- und Hauptamtliche in Pfarreien, Einrichtungen, Verbänden, Kitas, Schulen und der Caritas für andere einsetzen und wie wichtig ihnen die frohe Botschaft vom liebenden Gott ist."

Aus Sicht des Augsburger Bischofs Bertram Meier muss die Kirche nun verspieltes Vertrauen zurückerlangen. Hoffnungsvoll stimmten ihn jedoch die nach Corona wieder steigenden Zahlen der Gottesdienstbesucher, Taufen und Eheschließungen. Der Münsteraner Bischof Felix Genn verwies auf die Tausenden Menschen, die sich in Gemeinden kirchlichen Kindergärten, Schulen und Pflegeeinrichtungen engagierten.

"Traurig, aber wenig überrascht" äußerte sich die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp. Sie forderte eine Weiterführung des ins Stocken geratenen Reformprozesses Synodaler Weg. Vier Bischöfe, unter ihnen der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, hatten in der vergangenen Woche die vorgesehenen Finanzmittel für den geplanten Synodalen Ausschuss blockiert. Die Finanzierung über den Verband der Diözesen Deutschlands hätten die 27 Ortsbischöfe einstimmig beschließen müssen. "Es ist beschämend, dass wir nun innerkirchlich darum kämpfen müssen, dass es überhaupt weitergeht", sagte die ZdK-Präsidentin.

Auch der Bochumer Pastoraltheologe Matthias Sellmann verwies auf den Synodalen Weg. "Sein Ziel ist, strukturelle Missstände abzustellen." Erst wenn diese Hausaufgabe gemacht sei, lohne sich ein Nachdenken der Kirchenverantwortlichen, wie sie in der heutigen Zeit von Gott erzählen wollen. Der Theologe verglich die Situation der katholischen Kirche mit dem Dieselskandal. "Wenn ich nicht sicher darauf vertrauen kann, dass ein Auto gut funktioniert, dann kann der Hersteller an der Armatur oder am Lenkrad tun was er will - die Menschen werden nicht in das Auto einsteigen."

Die Initiative "Wir sind Kirche" appellierte an die Ausgetretenen, der Kirche die Finanzmittel nicht komplett zu entziehen. Sie sollten sich überlegen, ob es nicht möglich sei, zumindest kirchliche Projekte auf Gemeindeebene weiter zu unterstützen oder an die großen kirchlichen Hilfswerke zu spenden.

Laut der Mitgliederstatistik traten bundesweit im vergangenen Jahr 522.821 Menschen aus der Kirche aus - noch einmal deutlich mehr als im Vorjahr (359.338). Insgesamt liegt die Mitgliederzahl nun bei rund 20,9 Millionen Katholiken.

KNA

29.06.2023 - Austritt , Bischöfe , Kirche