Am Grab von Oskar Schindler

Bischof Wilmer ruft in Jerusalem zu Menschlichkeit auf

Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer hat in Jerusalem der Opfer des Terrorangriffs der Hamas vom 7. Oktober sowie der zivilen Opfer im Gazastreifen gedacht. "Menschen leiden auf beiden Seiten der Grenze. Möge es Menschen geben, die dabei helfen, ihre Wunden zu heilen und ihre Leben zu retten", sagte der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax am Grab des Judenretters Oskar Schindler auf dem katholischen Friedhof auf dem Zionsberg. Begleitet wurde Wilmer unter anderem von Rabbiner Gadi Gvarjahu, dem Begründer des israelischen Bündnisses "Tag Meir" (Schild des Lichts) gegen Rassismus und Gewalt in Israel.

Schindler (1908-1974), dessen Leben von vielen Widersprüchen, Verfehlungen und Schuld ebenso wie von Liebe und Menschenfreundlichkeit geprägt gewesen sei, habe durch die Rettung von Juden einen wichtigen Akt nicht nur für die Geretteten gesetzt. "Dieses Zeichen ungebrochener Menschlichkeit ist eine sehr klare Anzeige, dass Gewalt und Antisemitismus nicht das letzte Wort haben werden", betonte Wilmer.

Zusammen mit dem Rabbiner und den Mönchen der deutschsprachigen Benediktinerabtei Dormitio legte der Bischof Blumen auf dem Grab nieder. Mit seiner Tat habe Schindler dazu beigetragen, "nicht den Glauben in die Menschlichkeit zu verlieren und Brücken zu bauen zwischen den Nachfahren der Verfolgten und den Nachfahren der Verfolger", sagte Wilmer. Um nicht zu "religiösem Trost" zu degenerieren, müsse dieser Gedanke begleitet werden von einer "selbstkritischen Reflexion darüber, was wir den Opfern und leidenden Menschen in diesen Tagen schulden". Anschließend pflanzte Wilmer auf dem Abteifriedhof zusammen mit Abt Nikodemus Schnabel einen Ableger des 1000-jährigen Rosenstocks vom Friedhof des Hildesheimer Mariendoms, Wahrzeichen des Bistums.

Der Auftakt seines bis Sonntag dauernden Besuchs steht nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz im Gedenken an die Novemberpogrome 1938, das am 9. November begangen wird. Bei einem Besuch in der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem gedachte Wilmer am Donnerstagmorgen der Opfer der Schoah und betete für die Opfer von Verfolgung und Antisemitismus.

Am Rande des Besuchs mahnte er laut Bischofskonferenz dazu, Antisemitismus in "den vielfältigen Gesichtern" dieser Tage entgegenzutreten und die "jüdischen Geschwister nicht allein zu lassen. Es schmerze besonders, dass sich auch in Deutschland Juden wieder Bedrohung und Diskriminierung ausgesetzt sähen und "zur Projektionsfläche für tiefliegende Probleme" würden.

Wilmer war am Mittwochabend im Heiligen Land eingetroffen. Er will sich dort mit Vertretern insbesondere der katholischen Kirche sowie anderer Konfessionen, des Judentums und des Islam sowie der Politik treffen. Ein Gesprächspartner soll der Jerusalemer Kardinal Pierbattista Pizzaballa sein.

Außer Jerusalem stehen Besuche in Tel Aviv sowie dem Benediktinerkloster Tabgha am See Genezareth auf dem Programm. Mit seiner Reise wolle er ein Zeichen der "Solidarität mit allen Menschen im Heiligen Land, mit Israelis und Palästinensern, mit Juden, Muslimen und Christen" setzen, sagte Wilmer laut Bischofskonferenz. Er wolle bei allen Gutwilligen dafür werben, "an der Hoffnung eines friedlichen Zusammenlebens" festzuhalten.

KNA

10.11.2023 - Bischöfe , Gedenken , Jerusalem