Eigenanteile steigen

Pflege im Heim wird für Senioren deutlich teurer

Die Pflege im Heim ist deutlich teurer geworden. Senioren müssen mit steigenden Eigenanteilen rechnen und dafür tiefer in die eigene Tasche greifen. Grund seien vor allem die gestiegenen Personalkosten durch höhere Löhne für Pflegekräfte, teilte der Verband der Ersatzkassen (vdek) mit. Aber auch Kosten für Unterkunft, Essen und Trinken seien gestiegen.

Im ersten Jahr müssen Heimbewohner demnach im Schnitt 2.548 Euro pro Monat zuzahlen - 348 Euro mehr als Mitte 2022. Pflegebedürftige mit einer Aufenthaltsdauer ab zwölf Monaten zahlen 292 Euro mehr (2.299 Euro). Eine Aufenthaltsdauer ab 24 Monaten schlägt mit einem Plus von 236 Euro (2.050 Euro) und ab 36 Monaten von 165 Euro (1.738 Euro) zu Buche.

Dabei gibt es regionale Unterschiede. Am teuersten war die Pflege im ersten Jahr im Heim in Baden-Württemberg mit nun im Schnitt 2.913 Euro pro Monat. Am niedrigsten war die Belastung in Sachsen-Anhalt mit 1.994 Euro.

"Wir unterstützen die Maßnahmen für eine faire Bezahlung des Pflegepersonals und die Sicherstellung einer angemessenen Personaldecke in Pflegeheimen", sagte Jörg Meyers-Middendorf vom vdek-Vorstand. "Es kann aber nicht sein, dass die stetig steigenden Kosten zum Großteil von den Pflegebedürftigen geschultert werden müssen." Notwendig sei eine zeitnahe Entlastung der Pflegebedürftigen, die nicht allein auf dem Rücken der Beitragszahler laste. "Dazu gehört es, die Bundesländer endlich zur Übernahme der Investitionskosten für die Pflegeeinrichtungen zu verpflichten. Das würde die Pflegebedürftigen ad hoc um durchschnittlich 477 Euro pro Monat entlasten."

Der pflegepolitische Sprecher der Linken, Ates Gürpinar, kritisierte, Pflege mache immer mehr Menschen arm. "Wir brauchen eine echte Reform der Pflegefinanzierung. Alle pflegebedingten Kosten müssen übernommen werden. Die Beschäftigten und die zu Pflegenden dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden."

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz wertete die Zahlen als Beleg dafür, dass die Bundesregierung es nicht geschafft habe, die Pflegeversicherung zukunftssicher zu machen. Trotz der beschlossenen Entlastungsmaßnahmen rolle der Kosten-Tsunami weiter, erklärte Vorstand Eugen Brysch. Er forderte eine Erhöhung aller Leistungsbeträge um 350 Euro. "Ebenso muss die Pflegeversicherung die Kosten für die reine Pflege komplett übernehmen."

Auch der Sozialverband VdK forderte eine Pflegevollversicherung. "Steigende Kosten in Pflegeheimen dürfen nicht allein auf die Bewohnerinnen und Bewohner zurückfallen. Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und muss daher solidarisch finanziert werden", sagte Präsidentin Verena Bentele. Investitionskosten der Heime müssten von den Ländern getragen werden, Ausbildungskosten müssten steuerfinanziert sein.

Die Pflegeversicherung übernimmt in Deutschland nicht alle Kosten für einen Heimplatz. Wer in einer stationären Einrichtung lebt, muss Eigenanteile zahlen. Von den Kassen werden nur die reinen Pflegekosten anteilig oder ganz übernommen. Unterbringung und Verpflegung sowie weitere Kosten - auch für das Personal - muss der Bewohner selbst tragen.

Wegen der stark angestiegenen Eigenanteile waren zuletzt immer mehr Bewohner von stationären Einrichtungen in die Sozialhilfe gerutscht. Zum 1. Januar 2022 hatte die Bundesregierung deshalb eine Kostendämpfungsmaßnahme beschlossen: einen Entlastungsbeitrag, der mit der Pflegedauer steigt: Der Eigenanteil für die reine Pflege sinkt im ersten Jahr im Heim um 5 Prozent, im zweiten um 25 Prozent, im dritten um 45 Prozent, ab dem vierten Jahr um 70 Prozent. Diese Werte sollen zum 1. Januar erneut angehoben werden.

KNA

19.07.2023 - Finanzen , Pflege , Senioren