Nach dem Scheitern derGesetzentwürfe

Religionsvertreter zu Suizidbeihilfe - Debatte fortsetzen

Nach dem Scheitern der beiden Gesetzentwürfe zur Suizidbeihilfe haben Religionsvertreter eine Weiterführung der Debatte angemahnt. Es müsse dringend für Rechtssicherheit gesorgt werden und weiterhin eine Normalisierung der assistierten Selbsttötung verhindert werden, hieß es. Begrüßt wurde die Einigung der Abgeordneten für eine verstärkte Suizidprävention.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, forderte ein Schutzkonzept, das die "Freiverantwortlichkeit des Suizidwunsches soweit wie möglich gewährleisten" solle. Andernfalls könne Suizidassistenz in Deutschland stattfinden, "ohne dass der Gesetzgeber den Gefahren begegnet, die von einem Angebot von Suizidassistenz für die Autonomie des Einzelnen ausgehen", warnte der Limburger Bischof.

Die katholische Kirche werde weiterhin keine Suizidhilfe leisten, sich aber an der Debatte beteiligen, "damit kein Mensch den Suizid wählt, weil er ihn als die scheinbar einfache oder beste Lösung ansieht oder ihm nicht die notwendige Hilfe zuteilwurde", betonte Bätzing.

Auch die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, bedauerte, dass es nun vorerst keine gesetzliche Regelung gebe. Durch ein Gesetz zur Suizidbeihilfe hätte Ärzten sowie Pflegenden und Menschen mit Selbsttötungswunsch die Entscheidung erleichtert werden können. "Für kirchliche Einrichtungen bedeutet dies, die Sichtachse auf das Leben ohne gesetzlichen Rahmen offenhalten zu müssen."

Ähnlich äußerte sich Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa: "Es ist unerlässlich, dass die Anstrengungen zur Regulierung im nächsten Jahr wieder aufgegriffen werden." Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, warnte vor einer "gesetzlichen Leerstelle" und forderte eine neue gesellschaftliche Debatte, "bei der verstärkt auch die Religionsgemeinschaften gefordert sind und eingebunden werden müssen".

Am Donnerstag hatte der Bundestag einen Entwurf der Gruppe um die Abgeordneten Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) mit 304 Ja- und 363 Nein-Stimmen bei 23 Enthaltungen abgelehnt. Er wollte vor Missbrauch schützen und dazu die geschäftsmäßige Hilfe zur Selbsttötung grundsätzlich erneut unter Strafe stellen, allerdings geregelte Ausnahmen zulassen. Dieser Entwurf wurde von mehreren Kirchenvertretern unterstützt, unter anderen von der Bischofskonferenz, dem ZdK und der Caritas.

Der konkurrierende Entwurf einer Gruppe um die Abgeordneten Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) wollte das Recht auf selbstbestimmtes Sterben und die Hilfe dazu ermöglichen. Er erhielt 287 Ja-Stimmen bei 375 Nein-Stimmen und 20 Enthaltungen.

Angenommen wurde mit 688 von 693 Stimmen hingegen ein gemeinsamer Antrag der beiden Abgeordnetengruppen für eine Stärkung der Suizidprävention.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, begrüßte diesen Beschluss. Der Schwerpunkt von Staat und Gesellschaft müsse nun "auf einem konsequenten Ausbau der Suizidprävention, der Palliativmedizin und der Palliativpflege liegen". Ziel der palliativen Behandlung ist nicht mehr Heilung, sondern bestmögliche Lebensqualität für sterbenskranke Menschen. Dazu sollten insbesondere die medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Berufe gestärkt werden, "damit Menschen in Notlagen und existenziellen Grenzsituationen in jeder Hinsicht bestmöglich unterstützt werden können".

KNA

07.07.2023 - Kirchen , Politik , Sterbehilfe