Anna hat sehr gut geschlafen, berichtet sie. Die 18-Jährige aus der Pfarrei St. Stephan in Hainshofen-Schlipsheim steht an diesem späten Sonntagvormittag neben ihrem Schlafplatz inmitten des Campo de Graça und strahlt. Sie gehe „mit einem schönen Erlebnis nach Hause“.
Der Höhepunkt naht. Der Weltjugendtag 2023 soll an diesem Wochenende auf dem „Campo da Graça“ (Feld der Gnade) nahe des Naturschutzgebiets am Mündungsdelta des Tejo-Flusses seinen feierlichen Abschluss finden. Isomatten und Schlafsäcke sind heute Bestandteil der Standausrüstung all der vielen hunderttausend Pilger, die im Lauf des Mittags und Nachmittags auf das Feld der Gnade geströmt sind.
Für den Kreuzweg macht es sich die Busgruppe von Verena Beggel auf einem leicht abschüssigen befestigten Weg am Rand des Parks bequem. Im Moment, gegen halb sechs am Abend, wenn die Sonne in Lissabon immer noch Kraft hat, ist es hier unter Bäumen weitgehend schattig. Zuerst hieß es, hier dürfe man nicht sitzen. Aber dann hat eine portugiesische Ordnerin einen Kompromiss gefunden. Etwa drei Meter müssen für den Fluchtweg frei bleiben, der Rest darf belagert werden. So packen die Augsburger ihre Isomatten und Faltkissen aus und setzen sich. Der Platz ist ideal, denn von hier aus hat man einen sehr guten Blick auf eine Großleinwand.
Es ist kurz nach 17 Uhr, als der Wagen von Papst Franziskus in den Kreisverkehr unterhalb des Parks Eduardo VII. einbiegt. An den Absperrungen warten bereits tausende Jugendliche auf ihn. Die Begrüßung ist erwartungsgemäß stürmisch. "Ésta es la juventud del papa“, rufen sie ihm in seiner Muttersprache, auf Spanisch, entgegen: Wir sind die Jugend des Papstes!
„Ah, da kommt schon ein Flieger.“ Einer der beiden Moderatoren von der Jugend 2000 staunt selbst, wie schnell er mit seiner Ankündigung recht behalten sollte. Der Platz vor der Universität von Lissabon, auf dem an diesem Vormittag die Katechese für rund 4000 Weltjugendtags-Pilger aus mehreren deutschsprachigen Diözesen stattfindet, liegt – wie ein Großteil der Innenstadt – in der Einflugschneise des Flughafens. Alle drei bis fünf Minuten donnert in ein paar hundert Metern Höhe ein Flugzeug über die Köpfe der Jugendlichen hinwegt. Die laute Störung wollten die Moderatoren zum Spaßfaktor ummünzen. Jedesmal dann sollen die jungen Leute ihre Arme seitlich ausfahren und sich wie ein Segelflieger in die Kurve legen.