Die milliardenschweren Entlastungspakete der Regierung erreichen nach Einschätzung der Caritas viele Menschen in der aktuellen Krise nicht mehr. Die Maßnahmen würden nicht "automatisch von allen verstanden", sagte die Präsidentin des Deutschen Caritas-Verbands, Eva Maria Welskop-Deffaa, im Interview. Für manchen klinge das Wort "Gaspreisbremse" fast ebenso bedrohlich wie "Energiepreissteigerung" - nur eine weitere komplizierte Vokabel.
Mehr als jedes zehnte Beratungsgespräch der Caritas-Sozialberatung in Deutschland hat sich in diesem Jahr um Energieschulden gedreht. Damit habe sich der Anteil dieses Gesprächsgrunds in den vergangenen drei Jahren verdoppelt, teilte die Caritas in Berlin mit. Dass Menschen sich Sorgen um steigende Energiepreise machen, sei nicht erst seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zu beobachten, erklärte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa.
Bei der Energiebeschaffung der EU haben die katholischen Bischöfe zu "verantwortlichen und wertebasierten" Partnerschaften aufgerufen. Ein künftiges globales Energiesystem müsse von Gerechtigkeit, Solidarität, Teilhabe und nachhaltiger Entwicklung geleitet sein, heißt es in einer Stellungnahme der EU-Bischofskommission COMECE vom Montag. Entsprechende Abkommen dürften europäische Werte wie Menschen- und Arbeiterrechte sowie Umweltschutz nicht kompromittieren, ergänzte ein Sprecher.
Die Kosten steigen, nahezu überall – aber vor allem bei der Energie. Das spüren auch die kirchlichen Einrichtungen im Bistum Augsburg. Daher haben Kirchenpfleger und Mesner mancherorts bereits Maßnahmen zum Energiesparen angestoßen.
Vor dem anstehenden Winter und steigenden Energiepreisen können sich junge Menschen in WGs, aber auch Senioren bald verstärkt Hilfe von der Caritas holen. Dazu sollen die Stromspar-Check-Beratungen des Sozialverbands möglichst schnell ausgeweitet werden, erklärte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. Gerade bei den Wohnungen von allein lebenden älteren Menschen gebe es vielfach große Energie-Einsparpotenziale.
Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa hat die Vorschläge zur Begrenzung der Gas- und Heizkosten als wichtigen Beitrag für den sozialen Frieden bezeichnet. Es drohten derzeit enorme soziale Verwerfungen, sagte Welskop-Deffaa im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Anders als noch in der Corona-Krise fehle das gesamtgesellschaftliche Zusammenstehen.
Auch soziale Einrichtungen sollen vom sogenannten Abwehrschirm des Bundes gegen stark ansteigende Energiepreise profitieren. Wenn gemeinnützige Einrichtungen wie Tafeln, Beratungsstellen oder Schutzeinrichtungen die Energiekosten nicht mehr schultern könnten, "trifft das die Schwächsten unter uns", sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Kinder, Jugendliche, alte Menschen und einkommensschwache Familien seien schon jetzt besonders belastet.
Vor dem Hintergrund der Energiekrise haben die deutschen Bischöfe zum Zusammenhalt aufgerufen. Das gelte vor allem "gegenüber denjenigen, die versuchen, die Gesellschaft zu spalten", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, am Donnerstag zum Abschluss der Herbstvollversammlung.
Das Erzbistum Freiburg hat als Reaktion auf die aktuelle Energiekrise seine Energiesparempfehlungen ausgeweitet. So sollen Kirchenräume während der Gottesdienste in der Regel nur noch auf 10 Grad Celsius geheizt werden, heißt es in den am Mittwoch veröffentlichten Hinweisen an die Kirchengemeinden zwischen Bodensee, Schwarzwald und Odenwald.
Sozialverbände sehen die von der Bundesregierung angekündigte Mehrwertsteuersenkung auf Gas kritisch. "Die Mehrwertsteuerabsenkung entlastet alle, also auch diejenigen, die es überhaupt nicht nötig haben. Damit auch Topverdienende, die mit der Mehrwertsteuer unsere Sozialsysteme entlasten könnten", so der Paritätische Gesamtverband.